Einführung – Du bist neu? Warum machen wir WOHNUNGSPOLITIK ?

Einführung: WOHNUNGSPOLITIK – Was, Warum, Wie ?

Wohnen ist ein Grundbedürfnis, das nicht ausreichend über den Markt befriedigt werden kann, allein deshalb weil nicht jeder Bürger genug Geld zur Verfügung hat um ein oder mehrere Häuser zu bauen oder Wohnungen zu kaufen. Deshalb gibt es das Mietwohnungwesen. Das jedoch braucht um sozialverträglich zu sein, eine ausreichende Anzahl günstiger und doch guter Wohnungen. Das gab es in der Geschichte des Mietwohnungswesens in Deutschland eigentlich nie. 

Wenn die Kapitalfraktion, die Industrie, die Arbeitgeber, ein Interesse an niedrigen Mieten im Sinne eines niedrigen Lohnniveaus zur Sicherung der internationalen Konkurrenzfähigkeit haben, sinken dann die Mieten? (Eventuell wenn diese Fraktion genug Druck auf die Politik ausüben kann…)

Wenn das Kapital aber mit Betongold sehr viel Profit machen kann, sinken dann die Mieten? (Niemals, siehe Berlin, die Mietsteigerung ist obszön.)

Wenn Millionen Menschen obdachlos werden, weil die Mieten enorm steigen, nicht aber der Lohn, sinken dann die Mieten? (Hier wird uns die Politik nichts schenken, Mieter müssen also selber enormen Druck aufbauen.)

Eine starke einheitlich agierende Mieterschaft existiert heute aber nicht, sondern nur diverse Gruppen und Akteure mit begrenzten Interessen. Oft wird nur das eigene Problem bearbeitet, nicht aber über umfassende Lösungen nachgedacht. Erforderlich wäre also zuerst der Aufbau eines stadtweiten oder überregionalen Mieterwiderstandes.

Die gängigen Lösungen, sind Scheinlösungen Die Politik arbeitet mit den immer gleichen Schablonen: Wenn es Engpässe auf dem Wohnungsmarkt gibt, zu wenig bezahlbaren Wohnraum, eine Wohnungsnot, werden oft von früheren Wohnungskrisen bekannte Strategien hervorgekramt. Beispielsweise öffentliche Subventionen für den Bau von Sozialwohnungen mit befristeter Belegungsbindung, Ankauf von Belegungsrechten in privaten Beständen, Zweckentfremdungsverbote zur Verhinderung von Wohnungsumwandlungen.

„Der Aufbau eines dauerhaft verfügbaren bezahlbaren Wohnungsbestandes in kommunaler Regie – im Sinne einer infrastrukturellen Leistung – ist auch heute nicht vorgesehen. Dieser widerspricht (…) der grundlegenden Ideologie deutscher Wohnungspolitik, nämlich der Dominanz privatwirtschaftlicher Wohnungsversorgung.“ (Sozialpolitik anders gedacht: Soziale Infrastruktur- Joachim Hirsch u.a.) 

Stattdessen wird der aktuelle Wohnungsbedarf in besondere Bedarfsgruppen wie Haushalte mit zeitlich befristeten sozialen oder ökonomischen Problemen segmentiert. Dort greifen dann verschiedene Formen finanzieller Unterstützung, etwa Wohngeld oder staatliche Transferleistungen.

In der ökonomischen Krise verschärft sich die Wohnungsnot, da das profitsuchende Kapital in den Wohnungsbau fließt und nur genügend Profit erwirtschaften kann, wenn möglichst teure und luxuriöse Wohnungen gebaut werden oder Wohnungen teure oder luxuriös modernisiert werden. Das führt zu Gentrifizierung, der Verdrängung ärmerer Menschen aus den Innenstädten und die Obdachlosigkeit nimmt überdies zu.

Wohnungsgenossenschaften werden oft als Möglichkeit gesehen, die Versorgung mit bezahlbarem Wohnraum zu verbessern. Weil Genossenschaften nicht hohe Renditen erwirtschaften müssen, sondern ihre Mitgliedern mit Wohraum versorgen wollen, sind sie in der Regel an stabilen und finanzierbaren Mieten interessiert. Allerdings sind die Zugangshürden zu Genossenschaften an einer gewisse Höhe des Einkommens gebunden und es besteht die Gefahr einer ausgrenzenden Klientelpolitik.

Wohnungen als Teil einer sozialen Infrastruktur?Ab dem 19. Jahrhundert gab es immer wieder Versuche Wohnungen infrastrukturell zu organisieren, also Gemeindewohungsbau wie in Wien und Frankfurt, oder Zechen- und Werkssiedlungen.

Werkswohnungen dienten leider oft der Disziplinierung der Arbeiter, die von dem werkseigenen Wohnraum abhängig waren und damit unterdrückt werden können und sind eher kein Beispiel für eine wünschenswerte Lösung. 

Die Wiener Wohnungsanlagen hingegen verfügten neben Wohnungen über Gemeinschaftsräume, dezentrale Gesundheitsversorgung, Kindergärten, Einkaufsmöglichkeiten und weiteres.

Leider dient Wohnungsbau gesteuert durch die öffentlicher Hand, oft nicht der Bereitsstellung von bezahlbarem Wohnraum, sondern fußt auf Ideologien. So ist beispielsweise die Förderung von Wohnungsbauaktivitäten privater Akteure eine politische Entscheidung, die dazu führt, daß private Vermögensbildung subventioniert wird, indem etwa staatlich geförderte Sozialwohnungen irgendwann aus der Sozialbindung herausfallen und dann ganz dem privaten Investor gehören, ohne weitere staatliche Zugriffsmöglichkeit.

Wohnen im gemischten Quartier als sozialer Raum Wohnen ist mehr als nur ein Dach über dem Kopf, weil es soziale Räume schafft, und Menschengruppen ein- und aussortieren oder aus der Stadt verbannen kann, je nach politischem Willen. Sozialer Zusammenhalt, Ghettobildung oder massive Ausgrenzung sind oft von der Wohnsituation abhängig.

Wohnraum kann nicht kostenlos bereitgestellt werden, weil die Bau- und Unterhaltungskosten plus Nebenkosten gewisse Geldsummen erfordern. Es geht also eher darum, eine möglichst große Anzahl Wohnungen dem Markt zu entziehen, bzw. die Angebotsverhältnisse auf dem Markt zu beeinflussen.

Für alle Teile der Bevölkerung müssen ausreichend bezahlbare Wohnungen bereitgestellt werden. Darüberhinaus gibt es individuelle Bedürfnisse, denen auch Rechnung getragen werden muss, nicht alles ist für jeden die beste Lösung. Trotzdem kann der staatliche Wohnungsbau keine Anspruch auf eine bestimmte Wohnung, oder Wohnform garantieren, garantiert werden kann nur das Recht auf eine (angemessene) Wohnung.

Wohnen als Infrastruktur stellt also Wohnraum bereit, der einer ärmeren Klientel nicht als Ware angeboten werden kann, weil diese Menschen diese Ware nicht kaufen können. Es geht selbstverständlich nicht darum Luxuswohnraum für finanziell potente Kunden zu erstellen, dies kann man getrost dem Markt überlassen.

Es geht darum möglichst viele Wohnungen bereitzustellen, die dem Markt entzogen sind, etwa durch eine demokratische Verwaltung in Mieterhand bei gleichzeitiger Bereitstellung des Wohnraums durch die Kommune, der die Wohnungen auch gehören.

Wohnen als soziale Infrastruktur stellt also in erster Linie kommunale Wohnungen bereit für die ärmeren Bevölkerungsschichten. Gebaut werden die Wohnungen von kommunalen Gesellschaften unter Berücksichtigung einer dezentralisierten, inklusiven Quartiers- und Stadtplanung mit entsprechender Verkehrsanbindung an den ÖPNV, Grünflächenen und wo irgend möglich gemischten Innenstadtquartieren, nicht nur eine Innenstadt für Reiche. Bürger sollen an der Gestaltung von Stadtteilen teilnehmen. Rechtliche und institutionelle Voraussetzungen für eine demokratische Stadtplanung müssten geschaffen werden. Die Gemeinden und deren Bauträger müssten finanziell ausreichend ausgestattet werden. 

Es wird selbstverständlich nicht nur an Bedürfnisse ärmerer Schichten gedacht, auch die Mittel- und Oberschicht werden in ihren Bedürfnissen ernst genommen, aber ohne die einzelnen Schichten zu separieren. Gebaut werden gemischte Quartiere, Trabantenstädte oder Innenstadtghettos für Reiche sollen nicht entstehen. 

Investoren bauen in Berlin hauptsächlich Quartieren für Reiche und Wohlhabende, dem muss durch menschenfreundliche Stadtplanung entgegengearbeitet werden – wir wollen eine Stadt für alle. 

Die Quartiere sollten sowohl Raum für autonom verwaltete Gemeinde- und Jugendzentren bieten, als auch Gesundheitszentren, und Gemeinschaftseinrichtungen, wie Werkstätten, Waschküchen, Gemeinschaftsküchen oder sogar die Möglichkeit Renovierungen und Instandhaltungen an den Wohnungen in Eigenregie der Mieter leisten zu können, um die Mieten niedrig zu halten. 

Bewohner sind nicht verpflichtet sich an Gemeinschaftsunternehmungen zu beteiligen, könnten aber über gemeinschaftliche Werkstätten, Werkzeuge, Garten- und Haushaltsgeräte, oder gemeinschaftliche Arbeit, wie Handwerk, Kochen, Kinderbetreuung, Altenhilfe verfügen, falls gewünscht.

Hier lohnt es sich, das Wiener Modell eines kommunalen Wohnens im Gemeindebau noch genauer anzusehen, nicht weil es perfekt ist, sondern weil es ein praktikables Beispiel ist.

Autorin: Sabine Scheffer

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